Repertorium Saxonicum - die kursächsischen Amtserbbücher
Im Repertorium Saxonicum sind die historisch-statistischen Angaben für über 1.800 Ortschaften erfasst. Als Quellengrundlage dienen die kursächsischen Amtserbbücher, die im 16. Jahrhundert angelegt wurden. Nach der Niederlage des ernestinischen Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen (1503–1554) im Schmalkaldischen Krieg ließ Kurfürst Moritz von Sachsen (1521–1553) die an das albertinische Sachsen übertragenen ernestinischen Besitzungen systematisch erfassen. Gleichzeitig erfolgte auch im „alten“ albertinischen Territorium eine Landesaufnahme durch die Aufarbeitung der bestehenden Amtsüberlieferung sowie einer Befragung der Bewohner vor Ort. Innerhalb weniger Jahre fand somit eine von der Zentralverwaltung ausgehende, fast flächenhafte Aufstellung der zum gesamten albertinischen Herrschaftsgebiet gehörenden Einkommen und Rechte statt. Die daraus entstandenen Amtserbbücher verzeichnen im Wesentlichen:
- die Zahl der besessenen Mannen (Bauern mit Grundbesitz), unter denen (meistens) Pferdner, Gärtner, Häusler und Hausgenossen herausgestellt wurden, und wem diese grundherrlich zustanden;
- die Anzahl der Hufen;
- die Lehnware, also welche Gebühren beim Kauf, Verkauf, Wegzug, Tod oder Erbfall an den Grundherrn zu entrichten waren;
- den Inhaber des Obergerichts, wer zur Heerfahrt aufforderte und wer im Namen von Fürst und Ständen die Steuern einnahm;
- den Inhaber des Erbgerichts;
- die Art und Verfassung des Richteramts;
- wo die Einwohner ihr Erbgericht abzuhalten hatten und was sie zur Unterhaltung der Gerichtshalter beisteuerten;
- eine genaue Beschreibung der zu leistenden Dienste;
- zu welchem Heerwagen sie in welcher Höhe zu dienen hatten (also mit welchen Dörfern oder Untertanen sie gemeinsam in Kriegszeiten einen Heerwagen stellen und unterhalten mussten);
- die angrenzenden Orte und Fluren;
- die Kirchenverfassung und die Einkommen der Kirchen;
- die vom Ort zu erbringenden Leistungen, zunächst meist summarisch und dann noch einmal aufgeschlüsselt auf jeden verpflichteten Einwohner.
In den Amtserbbüchern finden sich nicht immer Informationen zu allen oben aufgeführten Punkten. Außerdem sind bei der Landesaufnahme nur Orte beachtet worden, die einem kurfürstlichen Amt unterstanden. Nicht aufgenommen wurden Orte, die einem (schriftsässigen) Adligen gehörten.
Projektverlauf
Am ISGV begannen 1997 unter der Leitung von André Thieme die Arbeiten zur digitalen Aufbereitung der Amtserbbücher. Weitgehende Vorarbeiten für deren handschriftliche Erfassung hatte Uwe Schirmer geleistet. Ziel war die Erstellung einer über das Internet frei zugängigen Datenbank, um so einen schnellen Zugriff auf die wesentlichen Quelleninformationen zu ermöglichen. Unter dieser Prämisse musste auf eine vollständige inhaltliche Wiedergabe des Quellenmaterials bei einem Umfang von 48 Folianten mit mehr als 26.000 Blättern verzichtet werden. Stattdessen erfolgte eine möglichst gleichförmige und datenbankgerechte Erhebung. Das Projekt konzentrierte sich dabei auf die Erbbücher, welche weitgehend vergleichbares Material boten. Aufgrund abweichender Aufzeichnungsprinzipien erfüllten nicht alle Bücher die Kriterien für eine Aufnahme. Das Repertorium erfasst schließlich 38 (Unter-)Ämter: Annaberg, Borna, Chemnitz, Colditz, Döbeln, Dresden, Freiberg, Grimma, Großenhain, Grünhain, Hohnstein, Kloster Buch, Kloster Sornzig, Laußnitz, Leipzig, Leisnig, Lichtenwalde, Lohmen, Meißen, Moritzburg, Mügeln, Naunhof, Oschatz, Pegau, Pirna, Rabenstein, Radeberg, Rochlitz, Schellenberg, Schlettau, Schulamt Grimma, Schulamt Meißen, Schwarzenberg, Stolpen, Tharandt, Wolkenstein, Wurzen und Zwickau.
Die Bearbeitung des Quellenmaterials wurde 2005 abgeschlossen und beschränkt sich auf die strukturierten Angaben zu den Orten. In Zusammenarbeit mit Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden entstand eine Nutzeroberfläche, die einen komfortablen Zugriff auf die Fülle des Datenmaterials bot. Seit 2006 ist das Repertorium Saxonicum im Internet verfügbar. 2021 erfolgte mit Fördermitteln des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus eine umfassende Überarbeitung auf den modernen BITV-2.0-Standard mit einer verbesserten Nutzeroberfläche. Eine Abfrage der Daten erfolgt nach Ämtern und den zugehörenden Ortschaften bezogen auf sieben Rubriken: die „Allgemeinen Angaben“ zum Ort, die Informationen zu „Gericht“, „Heerwagen“, „Abgaben“, „Lehenware“, „Kirche“ und „Quelle“. Insgesamt enthält das Repertorium 1.837 in den Amtserbbüchern beschriebene Ortschaften und Lokalitäten, in denen etwa 2.242 verschiedene grundherrliche Zuständigkeiten festgestellt werden konnten.
Literatur
- Jens Klingner/Henrik Schwanitz, Die digitalen Quellen des ISGV, in: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde 1997–2017 (Spurensuche. Geschichte und Kultur Sachsens, Bd. 7), hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V., Dresden 2017, S. 109-119.
- André Thieme, Das Repertorium Saxonicum – eine historisch-statistische Datenbank über die kursächsischen Amtserbbücher aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Editionswissenschaftliche Kolloquien 2005/2007: Methodik – Amtsbücher – Digitale Edition – Projekte (Publikationen des Deutsch-Polnischen Gesprächskreises für Quelleneditionen, Bd. 4), Toruń 2008, S. 99-127.
- André Thieme, Repertorium Saxonicum, in: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde 1997–2007 (Spurensuche. Geschichte und Kultur Sachsens, Bd. 1), hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V., Dresden 2007, S. 84-91.
- André Thieme, Die kursächsischen Amtserbbücher aus der Mitte des 16. Jahrhunderts und ihre digitale Erfassung, in: Neues Archiv für sächsische Geschichte 74/75 (2003/2004), S. 413-422 (https://repsax.isgv.de/Thieme-AEB-vorEV.pdf).